In Klartext hat die Redaktion für Ausgabe 02/2025 Experten aus Wissenschaft und Industrie zum Thema „Grenzenlose Konstruktion“ befragt – für das Special „Automation“ zur Hannover Messe 2025, die vom 31. März bis 4. April stattfindet. Die Experten-Statements von Ostfalia, Schneider Electric und Siemens erscheinen hier nun auch online.
Wie gelingt die Zusammenarbeit an Automatisierungslösungen in interdisziplinären Teams über Ländergrenzen, Sprachbarrieren, Zeitzonen und Unternehmensgrenzen hinweg? Welche digitalen Tools, Softskills und auch interkulturelle Kompetenzen sind hier gefragt? Wie verändert der vermehrte Einsatz von KI und digitalen Zwillingen im Engineering die Kollaboration in Entwicklung und Konstruktion?
Zu dem Special Automation haben folgende Experten Statements beigetragen:
- Prof. Dr.-Ing. Carsten Stechert, Prodekan der Fakultät Maschinenbau der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel
- Aurelien LeSant, Chief Technology Officer, Industrial Automation, Schneider Electric Industries SAS
- Matthias Pohl, Global Marketing Manager TIA Portal & Efficient Engineering, Siemens AG
Prof. Dr.-Ing. Carsten Stechert
Prodekan der Fakultät Maschinenbau der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel
Alle Digitalisierung nützt nichts, wenn die Menschen nicht einbezogen werden
Produktentwicklung findet in interdisziplinären Teams statt, die über verschiedene Standorte verteilt sind. Die Kommunikation erfolgt über Länder- und Unternehmensgrenzen hinweg. Damit das funktioniert, muss der Umgang mit digitalen Werkzeugen selbstverständlich sein. Wie tausche ich Daten aus? Wie kommuniziere ich effizient? Wie behalte ich den Überblick? Digitalisierung ist mehr, als PDFs per E-Mail zu verschicken! Mit künstlicher Intelligenz lassen sich mehr konstruktive Möglichkeiten durchspielen, analysieren und bewerten. Der digitale Zwilling vereint Architektur, Funktion und Verhalten an einem virtuellen Ort. In der Mixed Reality entscheidet sich in Echtzeit, ob die Schnittstellen zusammenpassen. Doch alle Digitalisierung nützt nichts, wenn die Menschen nicht einbezogen werden. Kritisches Denken, Kreativität, Kommunikation und Kollaboration sind die Softskills, um die Zukunft des Maschinenbaus aktiv mitzugestalten. Den Grundstein dafür legen wir in unseren modernen Studiengängen.
Aurelien LeSant
Chief Technology Officer, Industrial Automation, Schneider Electric Industries SAS
Automatisierung von Routineaufgaben schafft mehr Zeit für kreative Aspekte
Die Zusammenarbeit bei Automatisierungslösungen kann mit den richtigen Strategien und digitalen Multi-User-Tools sehr effektiv sein. Die softwaredefinierte Automatisierung beispielsweise entkoppelt die Software von der Hardware und ermöglicht flexible Lösungen, die Teams unabhängig von ihrem Standort leicht gemeinsam nutzen und ändern können. Diese Transformation unterstützt die Einführung von Softwareentwicklungstechniken zur Steigerung der Effizienz, wie zum Beispiel Industrial DevOps, die Entwicklungs-, Betriebs- und Fertigungsteams einbinden und so die kontinuierliche Verbesserung und Ergebnisse fördern und Silos aufbrechen. Dieser Ansatz erleichtert die Zusammenarbeit im Team durch gleichzeitiges Engineering, vereinfacht die Versionskontrolle und rationalisiert die Codeüberprüfung durch integrierte visuelle Änderungen, Unterschiede, Rückverfolgbarkeit und einen effizienten Genehmigungsprozess. Der zunehmende Einsatz von KI und digitalen Zwillingen im Engineering ermöglicht auch die Zusammenarbeit in der Entwicklung und Konstruktion und automatisiert Routineaufgaben, sodass sich Ingenieure auf komplexere und kreativere Aspekte ihrer Arbeit konzentrieren können. Digitale Zwillinge liefern Echtzeitsimulationen und -daten und ermöglichen es Teams, Entwürfe vor der physischen Umsetzung virtuell zu testen und zu verfeinern. Dies steigert die Effizienz und ermöglicht bessere Entscheidungen und Innovationen. Letztendlich erfordert der Erfolg eine Mischung aus digitalen Tools für Kommunikation und Projektmanagement, Softskills und interkultureller Kompetenz, um sich in kulturellen Normen zurechtzufinden.
Matthias Pohl
Interaktive Digitale Zwillinge vereinfachen die interdisziplinäre Zusammenarbeit
Der Schlüssel für die Zusammenarbeit an Automatisierungslösungen liegt in der Nutzung digitaler Kollaborationstools, die umfangreiche Kommunikation, gemeinsames Arbeiten an Projekten und den Austausch von Wissen ermöglichen. Das ist der größte Hebel, um Innovationen voranzutreiben und in sich schnell verändernden Märkten die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Zusammenarbeit in und zwischen Teams ist entscheidend, um mit neuen Technologien und Innovationen Schritt zu halten. Multiuser Engineering im Siemens TIA Portal oder auch das Engineering in einer Cloud-Umgebung ermöglichen es Ingenieuren, parallel an einem Projekt zu arbeiten, anstatt Aufgaben nacheinander abzuarbeiten. Zentralisierte Projektspeicher und Bibliotheken beschleunigen die Entwicklung und reduzieren den Koordinationsaufwand. Komplexe Anlagen und Prozesse virtuell abzubilden und zu simulieren, erlaubt es uns, Lösungen interdisziplinär und über Standorte hinweg zu entwickeln und zu optimieren. Digitale Zwillinge dienen dabei als gemeinsame Basis, auf der Experten interaktiv und interdisziplinär zusammenarbeiten können. Gleichzeitig unterstützt KI beim Engineering und bei der Auswertung von Daten, Erkennung von Mustern und Ableitung optimierter Konzepte.
Bilder: Ostfalia, Schneider Electric, Siemens