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Interview

Fertigungstiefe im Fokus

09.11.2023
von Redaktion DER KONSTRUKTEUR

Verbindungslösungen transportieren und verbinden Daten, Signale und Energie. Die Energie- und Nervenbahnen sind in unserer industrialisierten Welt und vor allem im industriellen Fertigungs-umfeld unver­zichtbar. Und die Nachfrage steigt – vor allem im Bereich der zunehmenden Automatisierung, der Intralogistik, der Infrastruktur mit Erneuerbaren Energien und überall dort, wo digitalisiert wird. Für Lapp bieten sich dadurch große Chancen, aber auch die Herausforderungen in der Produktion wachsen. Wir sprachen mit Hubertus Breier, Vorstand für Technik und Innovation bei Lapp, über Visionen, Strategien und Ziele.

Lapp ist ein global agierendes Technologieunternehmen und pflegt gleichzeitig eine sehr werteorientierte Unternehmenskultur. Was hat Sie motiviert, die Herausforderung als Vorstand für Technik und Innovation anzunehmen?

Lapp lebt eine unglaublich offene Unternehmenskultur. Alle Mitarbeitenden sind „open-minded“, wie man heute so schön sagt, geben untereinander Feedback und der tägliche Austausch findet auf Augenhöhe statt. Ich konnte mich gleich zu Beginn meiner Tätigkeit mit vielen Mitarbeitenden auf der ganzen Welt austauschen, habe bereits 19 Standorte besucht, und überall ist die ONE Lapp-Kultur zu spüren. Das gab mir die Möglichkeit schnell in die Themen hineinzuwachsen und das Unternehmen als globale dezentrale Organisation zu verstehen. Lapp hat im Geschäftsjahr 2021/22 ein Wachstum von 31 Prozent verzeichnet. Wenn ein Unternehmen schnell wächst, können die Strukturen oft nicht genauso schnell und stark mitwachsen. Hier bringe ich meine Erfahrungen ein: ich durfte bereits in ganz großen, aber auch in ganz kleinen und mittleren Unternehmen mitwirken und Erfahrung sammeln. Ich kenne diese unterschiedlichen Unternehmenswelten gut und gerade deshalb ist es für mich ein großer Ansporn und eine Freude, die Zukunft von Lapp in den Bereichen Technik und Innovation, Produktion, IT und Prozesse mitgestalten zu dürfen. Denn die Reise und der Wandel bei Lapp haben gerade erst begonnen.

Mit Ihrer technischen Expertise werden Sie bei Lapp eine Vorreiterrolle übernehmen. In welchen Geschäftsfeldern sehen Sie in den nächsten Jahren besonders großes Potenzial?

Die Wachstumsfelder von Lapp sind sehr vielseitig. Blicken wir in den Bereich der Verbindungstechnologien, da werden beispielsweise elektronische Antriebe über eine Motoranschlussleitung an einen Aktor angeschlossen. Hierfür sind Stecker erforderlich, die sehr spezifisch, ausfallsicher und zuverlässig sind. Unser Ziel ist also die Entwicklung und Herstellung einer optimierten Steckverbindung. Bleiben wir bei der Motoranschlussleitung, geht es am anderen Ende in den Schaltschrank zum Frequenzumrichter. Auch hier brauchen wir effiziente und zuverlässige Verbindungen mit unterstützenden Eigenschaften in Hinblick auf elektromagnetische Verträglichkeit. Ebenso im Bereich der Leistungsverteilung werden spezifische Leitungen und Stecker benötigt. Im nächsten Schritt folgt die Datenkommunikation, die noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten mit sich bringt: von Datenleitungen verschiedener Leistungsklassen bis hin zu Netzwerksteckern, die im Feld benötigt werden und den Umschwung auf eine Ethernet-basierte Verbindung von der Cloud bis zum Sensor ermöglichen. Das heißt, wir brauchen Verbindungslösungen, die absolut zuverlässig sind.

Das eine ist die Produktentwicklung, das andere sind die Produktionsprozesse. Welche Rolle nimmt hierbei aus Ihrer Sicht die Fertigungstiefe ein, die sicher von Zeit zu Zeit neuen Bedingungen angepasst werden sollte?

Bei unseren Produktionsprozessen beschäftigt uns sehr die Fertigungstiefe und natürlich auch unser Eigenproduktionsanteil. Unser Ziel ist es, das Potenzial bestmöglich auszuschöpfen. Wir bauen auf ein sehr gutes Lieferantennetzwerk. Dabei stehen wir immer vor der Frage: Make or Buy. Um maximal flexibel agieren zu können, steht die Wertschöpfungskette von Lapp auf vier Säulen: Eigenfertigung (Make) – wir spezifizieren, entwickeln und fertigen. Die zweite Säule ist, wir spezifizieren und entwickeln, lassen dann aber nach Zeichnungen fertigen (Contract Manufacturing). Weitere Säule ist das ODM (Original Design Manufacturing), das heißt wir spezifizieren ein Produkt und ein anderes Unternehmen entwickelt und produziert dieses im Rahmen einer Auftragsfertigung. Und die vierte Säule ist der Zukauf (Buy) von fertigen Produkten, die wir dann über unser effizientes Logistiknetzwerk vertreiben. Somit stellen wir eine resiliente Lieferkette sicher und können uns ausbalanciert an sich ändernde Bedingungen anpassen. Unsere Fertigungstiefe ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen und daran wollen wir weiterarbeiten. Geplant ist beispielsweise, unsere Compoundierung, also die Herstellung von Kunststoffwerk­stoffen in Indien weiter auszubauen. Hierdurch können wir unsere Compounds, die Kernbestandteil unserer Kabel und Leitungen sind, eigenständig anpassen und entwickeln.

Schon heute besetzt Lapp mit seinen Innovationen Trendthemen wie Gleichstrom oder EMV. Wo sehen Sie in den nächsten Jahren deutliches Entwicklungspotenzial?

Lapp ist in vielen Märkten und Branchen aktiv, vorrangig der industriellen Automatisierungstechnik und Intralogistik. Unseren Technologieradar nutzen wir als Indikator für kommende Marktradarthemen. Wir beobachten Trends wie Robotik, KI und Quantencomputing, aber auch konkrete Technologiefelder wie die Supraleitung. Die effiziente Nutzung dieser Technologie erfordert robuste und eventuell neuartige Verbindungslösungen. Der Effekt der Supraleitung ist beispielsweise für Quanten­computer essenziell. Der vermehrte Einsatz von supraleitenden Energieleitungen wird aber auch im Bereich Wasserwirtschaft diskutiert – die Kühlung kommt durch den flüssigen Wasserstoff quasi mit. Für den Einsatz des supraleitenden Effektes in der Niederspannung sind die Kosten und auch der Aufwand für Kühlung im großskaligen Einsatz aber noch absolut unwirtschaftlich und viel zu teuer. Ein anderes Beispiel ist die zunehmende Urbanisierung. Hier sind Infrastruktur-Leitungen im Mittel­spannungsbereich gefragt. Darüber hinaus sehen wir weiterhin viel Entwicklungspotenzial im klassischen Anlagenbau, in der Automatisierung sowie im Bereich Food & Beverage. In der Verbindungstechnologie steckt also noch viel Innovationspotenzial.

In Zukunft möchte sich Lapp noch stärker als Lösungsanbieter positionieren. In diesem Zusammenhang bringen Sie wertvolle Erfahrungen im Bereich Value Added Services mit. Inwiefern profitieren Ihre Kunden davon, Stichwort „Mehrwert“?

Ich bin ein Verfechter der Lean-Start-up-Methode, bei der sich alles um den Innovationsprozess dreht. Das heißt, wir wollen Kunden bereits in einer frühen Entwicklungsphase am Innovationsprozess beteiligen. Gutes Beispiel ist unser Zustandsüber­wachungsgerät Etherline Guard für Ethernet-basierte Daten­leitungen. Das Gerät haben wir mit Schlüsselkunden entwickelt und unsere ersten Prototypen frühzeitig von diesen testen lassen. Zusätzlich pilotieren wir einen Health-Check-Service, mit dem wir Maschinen- und Produktionsbetreiber dahingehend unterstützen, indem wir den „Gesundheitszustand“ seiner aktiven und passiven Netzwerktechnik überprüfen und Schwachstellen lokalisieren. Und genau das ist der Value Added Service. Ein weiteres Beispiel ist Ölflex Connect. Wir übernehmen die komplette Kabelkonfektion und bieten damit einen Rundum-Service von der Konfektion von Leitungen und Steckern bis hin zur komplexen Energieführungskette, die just-in-time geliefert wird. Dabei geht es auch sehr viel um die Beratung und das Engineering. Kurzum: Wir wollen die technische Beratungsleistung unserer Experten noch stärker für integrierte Kundenlösungen einsetzen.

Das Beitragsbild zeigt: Nicole Steinicke im Gespräch mit Hubertus Breier, Vorstand für Technik und Innovation bei der Lapp Holding SE

Autorin: Dipl.-Ing. (FH) Nicole Steinicke, Chefredakteurin, DER KONSTRUKTEUR

Bildquelle: Lapp

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